Infos für die Forschung
Das Münchener Eingewöhnungsmodell basiert auf einem systemisch-konstruktivistischen Selbstverständnis
Wir betrachten den Übergang als System mit verschiedenen Akteur:innen und Kontextfaktoren, die in einer Wechselwirkung zueinander stehen. Der Übergang stellt sich als ein sehr vielschichtiger Transitionsprozess dar, in dem vor allem das Kind und seine Familie tiefgreifende identitätsstiftende Erfahrungen machen. Das neu ankommende Kind bringt seine eigenen Kompetenzen mit, wird in seinen Eigenaktivitäten wahrgenommen.
Es trägt selbst mit zum Gelingen des Übergangs bei und wird darin begleitet. Auch die Kinder der aufnehmenden Kindergruppe übernehmen eine tragende Rolle. Sie sind Expert:innen für den gelebten Kita-Alltag und bringen ihr Wissen und Können gerne mit ein. Die Familie als eigenes Netzwerk wird ebenfalls als ressourcenreich und kompetent wahrgenommen. Das neue Kind wird im Kontext seiner spezifischen Familienkultur gesehen und gewürdigt.
Abgrenzung zu bindungstheoriebasierten anderen Konzepten
Im Kita-Kontext sprechen wir von professioneller Beziehungsgestaltung, die eine andere Qualität hat, als die Bindungen/Beziehungen, welche in familiären und privaten Kontexten existieren. Dies ist der auch für die Forschung relevante Faktor. Aufbau und Gestaltung der Beziehungen, die im Kontext Kita zu beobachten sind, lassen sich daher nicht mit Methoden und Kriterien erfassen, die auf der Bindungstheorie beruhen.
Das Münchener Eingewöhnungsmodell nimmt nicht allein den Beziehungsaufbau zwischen einem Kind und einem Erwachsenen in den Blick. Darauf wies auch Kuno Beller bereits in den 80er Jahren hin. Im Fokus steht das System mit allen Beteiligten und den strukturellen Gegebenheiten vor Ort: die Kindergruppe, die Familie, das Personal, der Tagesablauf, die Räume und nicht zuletzt die Kultur des Miteinanders (Atmosphäre, Rituale…). In der Weiterentwicklung von Winner/Erndt-Doll, sowie Evanschitzky/Zöller wurde die Komplexität der Beziehungen fachwissenschaftlich nochmals neu fundiert. Der Mensch als soziales Wesen ist von Beginn an auf Kooperation angelegt, richtet sich in seiner Entwicklung an seiner Umgebung aus und gestaltet sie aktiv mit.
Die Kompetenz und Akteurschaft der Kinder (Agency) sind für das Handlungskonzept mitentscheidend. Um die Bedeutung des Übergangs in seiner Komplexität zu verstehen und diesen entsprechend zu gestalten, speist sich das Münchener Modell aus den Theorien und Erkenntnissen des Konstruktivismus (Bateson, Watzlawick), des Hypnosystemischen Ansatzes (Milton Erickson, Gunther Schmidt), des SySt®-Ansatzes (Varga von Kibed/Sparrer), der Anthropologischen Psychologie (Michael Tomasello), der kulturbezogenen Entwicklungspsychologie (Borke, Keller), der Motivationspsychologie (Deci/Ryan), der Lernforschung (Carr/Claxton), der Transitionsforschung (Griebel/Niesel) und der Peerforschung (Wüstenberg/Schneider).